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Ein Kommentar von Dirk Heinrich

Gegen 18 Uhr und so mit einer leichten Verspätung von ca. 30 Minuten, begann Unser Sommer in der Stadt mit der ersten Ausgabe von “Essen ist fertig!“, einer kulinarisch, kulturellen Veranstaltungsreihe in Eberswalde. Noch bis weit nach 21 Uhr tummelten sich Eberswalderinnen und Eberswalder auf dem Marktplatz, trotz der eingerahmten Zeit von 17:30 – 21:00 Uhr. Das Amt für Stadtmarketing hatte die Bürgerinnen und Bürger eingeladen, gemeinsam bei allerleih regionaler Köstlichkeiten in den Sommer 2022 zu starten.

Die Vorzeichen…

… standen gut. Die Sonne schien und bereits vor Veranstaltungsbeginn ließen sich die ersten Gäste auf die von den Veranstaltern vorgesehenen Sitzplätze nieder. Schnell füllten sich die Reihen und so eröffnete kurz nach 17:30 Uhr die irische Folksmusik, die mit einer Gitarre, einer Violine, einer Fußtrommel und gelegentlichen Gesang die Veranstaltung, die schon bald alle Sitzplätze belegte.

Schließlich begrüßte Ulrich Wessolek vom Stadtmarketing zusammen mit den 5 Köchinnen und Köchen sowie Bäckerinnen und Bäckern die Gäste zur Veranstaltung. Bevor alle gemeinsam ankündigten “ESSEN IST FERTIG!”, stellten sich alle Protagonisten noch einmal kurz vor, was jedoch aufgrund verschiedener Umstände ein wenig unterging.

Ab diesem Zeitpunkt begann der Gemeinschaftsschmaus. Keine Hand blieb leer, kein Glas trocken, Lachen durchdrang die wieder einsetzende irische Volksmusik. Corona schien vergessen, die Menschen hatten eine sichtlich schöne Zeit. Das war das Ziel der Veranstalter, nach einer langen Periode des Verzichts, den Menschen wieder etwas zu bieten, ihnen Kultur näher zu bringen.

Brauchte es dazu “Essen ist fertig!”?

In Anbetracht der ausgelassenen Stimmung und des völlig freien Verhaltens, als hätte es nie Einschränkungen gegeben; war oder ist “Essen ist fertig!” wirklich notwendig gewesen oder hätten wir nicht auch auf das bald bevorstehende Stadtfest warten können?

Stellen wir die Frage doch einmal andersherum: Warum brauchte es “Essen ist fertig!” so dringend?

Die Antwort liegt, meiner Meinung nach, nicht etwas mehr als 2 Jahre zurück, sondern liegt viel näher. Seit Dezember 2021 entwickelte sich eine Art neue Kultur, eine Kultur des Widerstands. Dieser Widerstand wurde zunehmend populärer auf den Hauptstraßen der Kreisstadt Eberswalde mit markigen Sprüchen, Drohungen in den sozialen Netzwerken, überbordenen Streitgesprächen, auf die Probe gestellten Freundschaften und Familien, in denen der Blick auf die Pandemie auseinander ging. Schnell formierte sich eine Gegenbewegung und warnte vor den Auswirkungen unüberlegten Handelns und verwies immer wieder auf konstruktive Dialoge.

Ein Rundumblick am gestrigen Freitagabend zeigte dann jedoch ein ganz neuen, fast schon ungewohnten Blick auf Eberswalde. Nicht nur das bereits angesprochene, musikdurchdringende allseitige Gelächter, das Gemurmel nicht endender Gespräche, tanzende Kinder, tanzende Erwachsene und sei es Anfangs nur ein Wippen mit dem Fuß, auch das seit Menschengedenken und in unserem tiefsten Innern verwurzelte gemeinsame Essen, erzeugte ein kollegiales Bild des Wunsches nach Fröhlichkeit und Freiheit.

Eine Freiheit wohlbemerkt, die über ein halbes Jahr versucht wurde als niewiederkehrend aufgrund einer bevorsehenden autokraten oder diktatorischen Unterdrückung, zu propagieren. “Essen ist fertig!” erzeugte in seiner ersten Ausgabe in den Menschen genau dieses konstruktive Gemeinschaftsgefühl und der Zufriedenheit, wie es das bereits seit zehntausenden Jahren am gemeinsamen Feuer ein Gefühl des Vertrauens, ein Gefühl der Heimat und ein Gefühl des Friedens in einer sicheren, solidarischen Gesellschaft erzeugt.

Unser Sommer in der Stadt beginnt, trotz oder vielleicht auch gerade wegen den Menschen, die ca. 1000 Km östlich auch um unsere Freiheit kämpfen und dessen Kampf vielen vermutlich die Augen öffneten. “Essen ist fertig!” zeigt eindrucksvoll, Kultur ist mehr als Schauspiel oder Orchester.

Kultur ist das, was am gestrigen Freitag in absolut friedvoller, harmonischer und fast schon Gänsehautatmosphäre auf dem Eberswalder Marktplatz für vier Stunden die Gemüter erheiterte und Menschen die Gemeinsamkeiten entdecken ließ, die sie als Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt vereint.